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Exodus. Von Hank Levine

Dokumentarfilme über Flüchtlinge sind inzwischen zahlreich und wie auch immer sie gelingen, sind sie ein Beitrag dazu, Flucht und Migration Stimme und Gesicht zu geben, uns lebendige Menschen zu zeigen, ihre besonderen Schicksale und ihre besonderen Haltungen zu schildern. In „Exodus“ erzählt Hank Levine von Flüchtlingsschicksalen in elf Ländern der Welt. Seit zwei Wochen in den Kinos.

„Exodus“ ist ein großes Dokumentarfilmprojekt über die globalen Flüchtlingsbewegungen von Hank Levine. Der Film beginnt mit einer groß angelegten Inszenierung: einem langen Kameraflug über 8000 Sahauris, die in der Wüste den Schriftzug „Sahara liberté“ bilden. Eine etwas groß geratene Geste, die sich in der Folge nicht recht decken mag mit den Geschichten, die der Regisseur über Flüchtlingsschicksale zu erzählen hat, aus elf Ländern, mit unterschiedlichen Fluchtgründen (über die wir nicht viel erfahren), aber mit sehr verschiedenen Schicksalen. Denn diese Geschichten sind ungewöhnlich bis alltäglich und keine bedarf der großen isnzenatorischen Geste.

Da ist Dana, die aus Syrien nach Brasilien flüchtet und dort mit der ganz anderen Lebensart zurechtzukommen sucht – am Ende sucht sie den Weg nach Kanada, in der Hoffnung, ihre Familie dort wiederzutreffen. Da ist Bruno aus Togo, der in Deutschland angekommen ist und sich um andere Flüchtlinge kümmert. Da ist Napuli aus dem Südsudan, die einen Deutschen heiratet und sich gleichfalls in der Flüchtlingsarbeit engagiert. Da ist Tarcha aus der Westsahara, die sich nicht abfinden mag mit dem Verlust ihres Landes an Marokko, das über einen 2500 km langen Zaun die Nomaden der Sahara, die Sahauris, abtrennt und ihre Rohstoffe ausbeutet. Da ist der Palästinenser Nizar, der über den Umweg über Brasilien und Kuba nach Deutschland einreist, dort begrenzte Aufenthaltsberechtigung erhält. Er will unbedingt nach Palästina reisen, dem Land seiner Eltern, das er nie kennengelernt hat.

Alle die Figuren dieses Films sind Flüchtlinge, aber auf ihre Weise nicht die geduldig wartenden, passiven Menschen, die man in Deutschland gern auf den Bildschirmen sieht. Das Exil macht allen zu schaffen und Menschen wie die Angehörigen der Minderheit der Kachin werden wohl kaum die Kraft finden, aus eigenem Vermögen aus ihrem Exil herauszukommen, scheinen ihr Schicksal geduldig ertragen zu wollen.  Die meisten jedoch sind selbstbewusste Personen, die sich ihren Platz in der Welt erstreiten wollen, die ihre Rechte einfordern und die nicht warten wollen, bis Bürokratien sich bewegen. Keiner der Flüchtlinge jedenfalls macht als seine Absicht kenntlich, in die Sozialsysteme anderer Leute einreisen zu wollen. Sie wollen in ihre Heimat zurückkehren, sofern und wenn sie friedlich ist und sie wollen selbstbestimmt leben. Sie leiden alle unter Verlust und Exil, unter der Abwesenheit der Familien und der Fremdheit anderer Kulturen. Das ist die Botschaft des Films.

Mit dem globalen Zugriff bringt der Film auch Informationen, die man sonst in der Flüchtlingsdebatte kaum zur Kenntnis bekommt. Etwa, dass Brasilien allen syrischen Flüchtlingen Visa und Arbeitserlaubnis gibt; nur 2000 Syrer haben das bisher angenommen. Oder dass eine der längsten Mauern der Gegenwart zwischen Marokko und der Westsahara sich zieht, teils Mauer, teils Sandwall, von Militär kontrolliert und über 2500 km lang. Oder vom Volk der Kachin, einer christlichen Minderheit, das in Nordmyanmar aus seinen Dörfern vertrieben wurde.

Hank Levine montiert die verschiedenen Geschichten so, dass sie sich auch gegenseitig beleuchten. Man merkt dem Film freilich auch an, wie sehr er sich anstrengt, für das große Thema auch große Bilder zu finden und manchmal kommt das auch als aufdringliche Ästhetisierung rüber.

 

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