Die Zusammenstellung ist reiner Zufall, aber aus welchen Gründen auch immer: in dieser Woche lässt sich eine Reihe von Filmen um das Thema Staat und Staatspolitik gruppieren, woran auch Franz-Josef Strauß seinen Anteil hat, der in diesen Tagen 100 geworden wäre.
Staatsdiener, das ist so ein Wort, das man sehr verschieden aussprechen und denken kann. Sehr ernsthaft, wie Stephan Lamby es für seinen Protagonisten Wolfgang Schäuble tut. Oder nicht grade wenig spöttisch, wie es die Yesmen tun, wenn sie Polizisten an der Wallstreet dazu überreden wollen, gegen die Banken zu demonstrieren. Oder so nachdenklich und ernsthaft wie Marie Wilke in ihrem Film über, eben, „Staatsdiener“, was in diesem Fall junge Polizisten in Sachsen-Anhalt sind. Der Film beschreibt das erste Jahr ihrer Ausbildung, begleitet einige von ihnen zeigt ihre Funke in einer ungewöhnlichen, weil unprätentiösen und uneitlen Autorenhandschrift. Der Film ist seit dem 27.8. im Kino, hier die Kritik. Das Schäuble-Portrait von Stephan Lamby ist noch in der Mediathek der ARD zu finden, hier die Kritik. Und auch „Die Yesmen – jetzt wird‘s persönlich“ sind noch in diversen Kinos zu sehen, hier die Kritik.
Franz-Josef Strauß wäre Anfang September 100 Jahre alt geworden, für das terminfixierte Fernsehen gewiss ein Anlass für viele Rückblicke und sehnsüchtige Rückerinnerungen an das politische Urvieh Strauß, bei vermutlich geringerer Reflexionsrate, Strauß‘ reaktionäre Politik betreffend. Zwei Fernsehproduktionen kommen aus der Strauß-Zeit selbst auf die Bildschirme: „Einige Tage im Leben des Franz Josef Strauß“ von 1967 auf ARD-Alpha (6.9.2015, 22.35-23.40 Uhr), über welchen Film der Sender und die ARD insgesamt weiter nichts zu sagen haben; vielleicht lohnt eine Sichtung. Und, als dokumentarischer Klassiker, das Strauß-Porträt „Hier Strauß – D.A. Pennebaker meets F.J.S“ von 1965. (BR 05.09.2015, 18.10-18.45 Uhr)
Ein seltsames Zusammentreffen; Pennebaker sprach kein Deutsch, Strauß kaum Englisch – und doch ein interessantes Zeitdokument. Pennebaker ist einer der Väter des direct cinema, arbeitete schon früh mit beweglicher Kamera und Synchronton. In einem Interview sagte er damals „Meine Ankündigung, einen Film über Strauß zu machen, provozierte wildes Gelächter. Es schien eine absurde Idee zu sein. Man nahm ihn entweder nicht ernst oder hielt ihn für einen üblen Charakter, eine Person jedenfalls, die man nicht leiden kann. Das interessiert mich immer. … Diese Menschen bekommen ein bestimmtes Raster übergestülpt, aus dem sie nicht mehr herauskönnen. Was Franz Josef Strauß anging: Ich war erstmal entschlossen, ihn sympathisch zu finden.“ D.A. Pennebaker arbeitete offen und ohne Vorverurteilungen, ohne Häme und Desavouierung. Vermutlich ist dieser halbstündige Film, der am Samstag zu Sportschauzeiten läuft, das interessanteste Projekt, interessant auch im Abstand der Jahre. Die uninteressanteren laufen dann im BR in der Primetime, so etwa das ziemlich missglückte Doku-Drama von Werner Biermann, „Der Primus“ und danach bis nach Mitternacht, was das Archiv so an Dokumentationen noch hergibt. Was für ein Glück, dass die Technik noch nicht so weit ist, aus Filmdaten dreidimensionale Wiedergänger zu konstruieren und auf die Bildschirme zu spiegeln.
Aus den Wiederholungszyklen des Fernsehens wären für diesmal drei Produktionen herauszufiltern. Erstens der noch nicht so oft gezeigte Film „Wriezen“ von David Abma, mit Grimme-Preis. Er erzählt vom Leben und den Erfahrungen dreier junger Männer, die nach Verbüßung ihrer Strafe in der JVA Wriezen wieder Alltag unter die Füße bekommen müssen. Hier die Kritik. Zweitens die Hommage an den Musiker und Chansonnier Georg Kreisler, den es angeblich gar nicht gibt und doch gegeben haben muss. Dominik Wessely findet formal interessante Lösungen für den Umgang mit Musik und Konzertausschnitten, wie Thomas Gehringer hervorhebt. Und schon vielfach wiederholt, aber auch wegen der exorbitant aufwendigen Film- und Animationstechnik interessant, „Die Kathedrale“ über den Bau des Straßburger Münsters. Hier die Kritik, auch von Thomas Gehringer.
Nicht zu vergessen der Verweis auf das, was sonst noch läuft…..